Urteil des BGH VI ZR 114/11 vom 20. März 2012
Fast zeitgleich mit dem neusten Urteil zum Schockschaden in der Schweiz (Vgl. News vom 24. April 2012 «Hunter-Rechtsprechung zum Schockschaden bestätigt») ist auch in Deutschland ein interessanter Entscheid zu dieser besonderen Schadensart ergangen.
Die Klägerin verlangte Schadenersatz und Schmerzensgeld für die tödliche Verletzung ihrer 14 Monate alten Labradorhündin, die bei einem Spaziergang von einem Traktor überrollt worden war. Den Schmerzensgeldanspruch begründete die Klägerin damit, durch das Miterleben des Unfalls einen schweren Schock erlitten zu haben, der zu einer lang andauernden pathologischen Dauerreaktion geführt habe. Sämtliche Vorinstanzen wiesen die Schmerzensgeldklage ab. Beim materiellen Schadenersatzanspruch (Tierarztkosten, Anwaltskosten, Anschaffung Labrador-Welpen) musste sich die Klägerin die Tiergefahr ihres frei laufenden Hundes mit 50% anrechnen lassen. Das dagegen erhobene Revisionsbegehren vor dem BGH blieb ohne Erfolg. Obwohl die Klägerin einen Gesundheitsschaden nur mittelbar als Folge des tödlichen Unfalls des Hundes erlitten haben will, sei ein solcher auf Schmerzensgeld gerichteter Schadenersatzanspruch wegen der Verletzung eines eigenen Rechtsguts grundsätzlich denkbar. Nach ständiger Rechtsprechung bedarf es dafür aber einer besonderen personalen Beziehung des mittelbar Geschädigten zu einem schwer verletzten oder getöteten Menschen. Das Erfordernis der engen personalen Verbundenheit diene dazu, den Kreis derer zu beschreiben, die den Integritätsverlust des Opfers als Beeinträchtigung der eigenen Integrität und nicht als normales Lebensrisiko der Teilnahme an den Ereignissen der Umwelt empfinden. Die Ausdehnung dieser Rechtsprechung auf psychisch vermittelte Gesundheitsbeeinträchtigungen bei der Verletzung oder Tötung von Tieren komme nicht in Betracht, zumal dadurch die Intention des Gesetzgebers, die Deliktshaftung auf klar umrissene Tatbestände zu beschränken, missachtet würde. Der BGH hält deshalb abschliessend fest: «Derartige Beeinträchtigungen bei der Verletzung oder Tötung von Tieren, mögen sie auch als schwerwiegend empfunden werden und menschlich noch so verständlich erscheinen, gehören zum allgemeinen Lebensrisiko und vermögen damit Schmerzensgeldansprüche nicht zu begründen».
Urteil des BGH