Urteil des Bundesgerichts 8C_498/2011 vom 3. Mai 2012 (zur Publikation vorgesehen): Der (subjektive) Tinitus ist ein organisch objektiv nicht ausgewiesenes Beschwerdebild (zur Unterscheidung objektiver und subjektiver Tinitus s. E. 5.7; der subjektive Tinitus ist die „weitaus häufigste Form“). Die bisherige Rechtsprechung, die diesbezüglich unklar war, wird bereinigt (zu den verschiedenen Urteilen s. E. 5.2-5.4). Deshalb kann der adäquate Kausalzusammenhang zwischen Unfall und Tinitus nicht ohne besondere Prüfung bejaht werden. Die Prüfung erfolgt gestützt auf die Schleudertrauma-Praxis, falls eine Verletzung vorliegt, welche deren Anwendung rechtfertigt; sonst wird die Adäquanz gestützt auf die Psycho-Praxis geprüft.
Auszüge aus dem Urteil:
E. 5.10: „Zusammenfassend ergibt sich, dass keine medizinisch gesicherte Grundlage besteht, um einen Tinnitus als körperliches Leiden zu betrachten oder ihn (zwingend) einer organischen Ursache zuzuordnen. Auch lässt sich nicht vom Schweregrad eines Tinnitus auf eine organische Unfallfolge als Ursache schliessen. Das schliesst zwar nicht aus, dass ein Tinnitus in einer organischen Unfallfolge begründet sein kann. Es besteht aber keine Rechtfertigung, bei einem Tinnitus, welcher im Einzelfall nicht nachgewiesenermassen auf eine solche Unfallfolge zurückzuführen ist, auf das Erfordernis einer besonderen Adäquanzprüfung zu verzichten. Anders zu verfahren, würde kausalrechtlich einer sachlich und rechtlich nicht begründbaren Bevorteilung des Tinnitus gegenüber anderen organisch nicht objektiv ausgewiesenen Beschwerdebildern entsprechen. In diesem Sinne ist die Rechtsprechung zu bereinigen.“
E. 4: „Hat die versicherte Person beim Unfall eine Verletzung erlitten, welche die Anwendung der Schleudertrauma-Rechtsprechung rechtfertigt, so sind hiebei die durch BGE 134 V 109 E. 10 S. 126 ff. präzisierten Kriterien massgebend. Ist diese Rechtsprechung nicht anwendbar, so sind grundsätzlich die Adäquanzkriterien, welche für psychische Fehlentwicklungen nach einem Unfall entwickelt wurden (BGE 115 V 133 E. 6c/aa S. 140; sog. Psycho-Praxis), anzuwenden (BGE 134 V 109 E. 2.1 S. 111 f.; vgl. zum Ganzen auch: Urteil 8C_216/2009 vom 28. Oktober 2009 E. 2, nicht publ. in: BGE 135 V 465, aber in: SVR 2010 UV Nr. 6 S. 25; SVR 2011 UV Nr. 10 S. 35, 8C_584/2010 E. 2).“