Die Frauenärztin C. hatte anlässlich einer Schwangerschaftsuntersuchung bei der Mutter A. pflichtwidrig versäumt aufgrund des erhöhten Risikos, dass die ungeborene Tochter B. an einer vererblichen Stoffwechselerkrankung leiden könnte, weitergehende pränatale Untersuchungen vorzunehmen. Tochter B. kam daraufhin behindert zur Welt. Es war beweismässig erstellt, dass die Mutter mit grösster Wahrscheinlichkeit abgetrieben hätte, wenn sie von der Erkrankung der Tochter gewusst hätte (zwar fand die Untersuchung erst nach der 12-Wochen-Frist von Art. 119 Abs. 2 StGB statt, A. hätte jedoch aufgrund sozialmedizinischer und embryo-pathischen Indikation straflos abtreiben können[Art. 119 Abs. 1 StGB]). Mutter und Tochter klagten gegen die Ärztin C. auf Genugtuung. Die Klage der Mutter auf Genugtuung in Höhe von CHF 50’000 (Wrongful birth-Klage) wurde von der Vorinstanz gutgeheissen, jene der Tochter (Wrongful life-Klage) hingegen abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung wurde vom OGer Bern abgelehnt. Nach eingehender Analyse der Literatur und der ausländischen Rechtsprechung zum Wrongful life-Anspruch, prüft das Gericht, ob die Behinderung des Kindes als Schaden bzw. immaterielle Unbill von seinem Leben getrennt werden kann. Der gesundheitliche Zustand der Tochter wurde durch die beklagte Ärztin nicht beeinträchtigt. Nach den tatsächlichen Feststellungen gab es keine Möglichkeit, auf die genetisch bedingte Erkrankung Einfluss zu nehmen, diese zu verschlimmern, zu verbessern oder eine Heilung zu verzögern. Die Tochter hätte deshalb in keinem Fall gesund zur Welt kommen können. Der Schadensbegriff setzt jedoch gerade einen Vergleich mit einem gesundheitlichen Alternativzustand voraus, der gegenüber dem effektiven Zustand vorteilhafter wäre. Die vorliegend einzig bestehende Alternative der Nichtexistenz verhindert einen solchen Vergleich. Nach Ansicht des Gerichts liege deshalb bei der behindert geborenen Tochter keine Körperschädigung vor, weshalb auch ein Genugtuungsanspruch nach Art. 47 OR entfalle. Bezüglich des Anspruchs auf Genugtuung gestützt auf eine Persönlichkeitsverletzung gemäss Art. 49 OR hält das Gericht fest, dass die Entstehung des Lebens als solches nach der Schweizerischen Rechtsordnung nie widerrechtlich sein könne. Auch könne es keine vertragliche (Schutz-)Pflicht gegenüber dem Kind geben, dieses nicht zur Welt kommen zu lassen. Es fehle daher schon an der für einen Genugtuungsanspruch vorausgesetzten Widerrechtlichkeit bzw. an der Vertragsverletzung. Das behindert zur Welt gekommene (statt abgetriebene) Kind hat deshalb weder aus Delikt noch aus Vertrag einen Genugtuungsanspruch.